Samstag, August 20, 2005

Das Kalb und seine Metzger

Derzeit dürfte wohl neben dem Papstwahn abertausender, katholischer Jugendlicher noch immer die in Zahl kaum zu übertreffenden Wahlredenausrutscher des bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber Topthema sein. Doch wen wunderts noch wirklich? Hat er sein Gesicht ausserhalb des katholischen Südens doch bereits bei der letzten Wahlstaffel vor drei Jahren verloren, nachdem er die damals hochgehandelte Kanzlerkandidätin aus dem Osten mal eben schön schmierig ins Abseits gelächelt hat. Und nun, da sie unumstösslich die Kandidatin der christlich-demokratischen Politjunkies ist, versucht er es offensichtlich auf die ganze miese Tour. Ob er seiner Schwesterpartei damit wirklich zum Sieg verhelfen wird, ist nicht nur fraglich, sondern stösst in eben diesen schwesterlichen Reihen derweil ausnahmslos auf Empörung. Vor allem jedoch scheint er einem ohnehin schon angeschlagenen Volk unmissverständlich klarmachen zu wollen, dass hier "nichts zusammenwächst, was zusammen gehört". Die Frage ist: kümmerts wirklich jemanden?

Ganz gleich, ob Bayerns Oberhäuptling nun einfach einen verbalakrobatischen Foupas gelandet hat, oder er (wie mir manchmal scheint) tatsächlich den ein oder anderen Unfug glaubt, den er da ablässt. Die Ärsche, die es zu lecken gibt, werden weniger und weniger. Dessen ist er sich ganz offensichtlich nicht wirklich bewusst. Und wer weiß, vielleicht steht er dann am Ende gar auf dem selbst entworfenen Schlachthof und schaut in die Augen seiner ebenso selbst gewählten und geifernden Metzger, die sehnsüchtig darauf warten, ihrem Handwerk nach zu gehen.

Anyway - während wir uns über solche Dinge den Kopf zerbrechen und hier und da auch das Maul verbrennen ( gut so! long live Rock´n Roll! ), bleibt es eine unumstössliche Tatsache, dass mindestens fünzig Prozent der hiesigen Wähler nicht einmal wissen, wer Stoiber überhaupt ist, und sicherlich ebenso viele Bundesbürger mit Wahlberechtigung für astronomische Einschaltquoten in der Jauchegrube der privatisierten TV-Landschaft sorgen. Und in eben diesen Kläranlangen des guten Geschmacks liegt der grösste Teil des Übels, eingebettet zwischen Courtshow, Superquiz und Reportagen, die keine sind.

Am besten wäre es, es würde überhaupt nicht gewählt, sondern bei Aldi, Lidl und Co. gäbs einfach ab kommenden Dienstag
ein bestimmtes Kontingent an Bundestag-Mitglied-Tickets. Dann könnte jeder, der rechtzeitig in der morgendlichen Schlange vor dem Eingang Position bezieht, solange mitregieren, bis wieder die nächsten Tickets verfügbar sind
und gewechselt wird. Der meisbietende Privatsender würde das ganze Spektakel natürlich live und exklusiv übertragen, und per 0190er Nummer darf man dann abstimmen, wer wann wie aus dem Haus fliegt. Na, das wär doch mal ein Spass!
Genau das Richtige für eine Spassgesellschaft wie die unsere.

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