Mittwoch, September 28, 2005

Alles, wie es sein soll...?!

28. September...- ich sitze im Kombi Richtung Süden. Aus dem CDplayer ertönt Don Henley´s "Taking you Home", und ich drehe mir ne Halfzware, während mein linker Oberschenkel einige Momente und mehrere hundert Meter lang die Lenkung übernimmt. Irgendwann werden sie mich anhalten und im Anschluss an das obligate "Führerschein und Fahrzeugpapiere, bitte" fragen, ob ich sie noch alle habe. Drauf geschissen. Fünfhundert Kilometer für ein Lächeln. Nein - für das bezauberndste Lächeln überhaupt! Ein Hotelzimmer hatte ich im besten Haus am Platz gebucht, und je näher ich dem südlichsten Zipfel des Landes kam, um so mehr fühlte ich wieder diesen Zauber des Lago de Maggiore, der mich noch fünf Wochen zuvor in seinem Bann hatte.
Das Hotelzimmer brauchte ich nicht wirklich, denn das Lächeln und ich verbrachten die Nacht damit, Lebkuchenherzen aus dem Vorweihnachtssortiment zu futtern, während wir uns einander vom Leben erzählten. Doch das ist nun schon viele Monde her ....

Und heute ist wieder der achtundzwanzigste. Das Lächeln aus dem Süden gibt es leider schon lange nicht mehr. Joerg Pilawa quized noch immer um 19.30 Uhr, "Herzblatt" wird auch wiederholt, den elften September hat man bedächtig verbracht, und auch auf den obligaten Sonnentiefstand um diese Jahreszeit ist Verlass. Alles im Lot? Alles, wie es sein soll? Fast...! Dad ist nicht mehr da, und er fehlt. Mein Diktiergerät füllt sich nur langsam mit Melodien, und Langsamkeit ist etwas, was mir nicht wirklich liegt. Stockholm ist gecancelt, vorerst. Kaufinteressenten für das Haus geben sich nicht gerade die Klinke in die Hand, und meine handwerklichen Fähigkeiten sind dann jetzt auch erschöpft. Bevor ich also noch etwas kaputt repariere, lass ich die Dinge, wie sie sind. Alles, wie es sein soll? Sicher. Meine Reisetasche muss noch ein wenig halten, und Lebkuchenherzen verschicke ich nur in Gedanken - aber ich vergesse sie nicht. Alles ist, wie es sein soll ...

Mittwoch, September 21, 2005

Übermorgen


Striegls Album wächst und wächst, während die Ideen für mein eigenes sich noch immer eine zeitlang mit einem Platz auf dem Diktiergerät zufrieden geben müssen. Nun, so rein timingmässig geht das völlig in Ordnung, lebe ich doch derzeit ohne Frage nicht gerade in einem Envoirement, das mir einen kreativen Eisprung nach dem nächsten beschert. Zwischen disaströsen Bundestagswahlen und amerikanischen Evakuierungs-Marathons lebt es sich aus einer Reisetasche nicht gerade komfortabel, but anyway... Dabei stelle ich mir gerade die Frage, warum all diese Hurrikans, die derzeit der Reihe nach den Süden der USA besuchen und sich als eine uferlose Prüfung der republikanischen Staatsführung entpuppen, eigentlich immer solch süsse Frauennamen wie "Katrina" oder "Rita" tragen. Natürlich, das hat nen meteorologischen Hintergrund..., schon klar. Und doch treibt´s mir ein wenig die Furcht in die Adern. Seh´ ich da vielleicht irgend welche Zusammenhänge ob meiner Beziehungen?! Um diese düsteren Gedanken nicht noch weiter zu vertiefen, unterziehe ich die Espresso-Maschine einem erneuten Funktionstest und stell meine Neigung zu schwer nachvollziehbaren Zusammenhängen mal hinten an, fürs erste.
Nun, der Sommer neigt sich unübersehbar dem Ende entgegen, und rückblickend komme ich zu einem klaren Ergebnis. In Sachen Geduld und Timing parke ich noch immer auf dem Randstreifen, mein Verleger entpuppte sich als ohnmächtig und wenig innovativ, und meine Prognosen bezüglich dieses Jahres haben sich ausnahmslos als richtig erwiesen. Aber man soll den Tag nicht vor dem Abend loben. Das Jahr geht straight ins letzte Quartal, und es können noch so einige "Ritas" oder "Katrinas" übers Land fegen. Aber ich fühle mich mittlerweile genügend katastrophenerprobt und bin zuversichtlich. An meinem Frühwarnsystem werde ich noch arbeiten müssen, vielleicht ein Leben lang, wer weiss das schon...
Laith singt mir in diesem Moment die Schlusszeile des heutigen Ausflugs über die Laptopspeaker. Ich nicke, dreh mir ne Halfzware, und lächle dem morgen entgegen.

"Ich fang schon an zu zählen, heute ist der erste Tag danach - der erste ist der schlimmste,, - wie ich Übermorgen mag !" (Laith Al-Deen, "Nie mehr" aus "Ich will nur wissen")

Der Herbst kann kommen ...

Freitag, September 09, 2005

Kein Anschluss unter dieser Nummer

Ich drücke die Halfzware in den Aschenbecher und brau mir erneut nen Espresso. Ein mitleidiges Lächeln als Gruß an meinen Magen, zu mehr bin ich kaum in der Lage an diesem Tag. Ein Tag, der dir beim ersten Augenaufschlag schon ins Gesicht grinst:" Bleib einfach liegen, alter. Das heute wird echt scheisse!" Anyway - ich spüle mir den Rest der Nacht mit dem heiss-braunen Gebräu aus dem Mund und nehme, was kommt. Auf dem Tisch stapeln sich Mahnungen, und ich komplettiere meine allmorgendlichen Auftritt mit einem Kopfschütteln. Gerade will ich ins Bad, um wenigstens den äußerlichen Verfall abzuwenden, da klingelt das Telefon:
„Guten Tag, spreche ich mit Herrn A...?“ säuselt mir eine geschulte Stimme entgegen, die in mir sofort dieses Unbehagen hervorruft, das man hat, wenn man mit ner wirklich miesen Durchfallerkrankung in nem vollen Zugabteil Platz nehmen muss.. Call-Center-Alarm!!!!
“Ja,..” breche ich heraus, und noch ehe sie eine Chance hat, mich mit ihren Verkaufsplatitüden zuzutexten, jodele ich: “...,danke, ich habe KEIN Interesse", und lege auf.
Es gibt wohl kaum etwas, was mich zwischen all den Realitysoaps, SMS Werbetrailern und Schmalspur-TV-Shows mehr abturnt als diese Hühner aus den Großraumbüro-Lege-Batterien, die dir am Telefon deine Zeit stehlen und versuchen, dir binnen zwölfeinhalb Sekunden einen vermeintlichen Lottogewinn aufs Auge zu drücken. Natürlich nur, wenn sie noch Zeit haben, das Kleingedruckte zu stottern, damit du ein beschissenes Los kaufst. Auch wenn Mrs. Headset gerade nur ihren zweifelhaften Job macht, der ihr ohne Frage gegönnt sei in Zeiten der Massenarbeitslosigkeit - Verständnislosigkeit auf voller Bandbreite meinerseits, sorry.

Nachdem ich kurze Zeit später den allmorgendlichen Sanitäraufenthalt inclusive Nassrasur unfallfrei hinter mich gebracht habe, klingelt es erneut auf meinem mobilen Begleiter, und ich zucke zusammen. "Life sucks..., " murmele ich vor mich hin und schaue aufs Display. Chris´Nummer wird angezeigt. Wahrscheinlich gibts noch immer Probleme mit der Konvertierung seiner ganzen Takes. Morgen wollen wir für ein paar Tage nach Hamburg, um seine LP zu mischen, vorausgesetzt, sein kleiner Windows-Freund macht uns da keinen Strich durch die Rechnung ( ich liebe meinen Mac !!! )
„Also, ich hab das jetzt soweit am Start, ... mit der ersten Session...“ –
MIT DER ERSTEN SESSION !?! Die erste von zwölf. Wenn das in dem Tempo weiter geht, sollten wir ernsthaft darüber nachdenken, ob wir in 24 Stunden nach Hamburg fahren. Das Studio ist gebucht, und wir haben vier Tage. Ganze vier Tage für zwölf Nummern.
„Pass auf,“ unterbreche ich ihn, „ wenn alle Stricke reißen, nehmen wir eben deinen gottverdammten Rechner mit nach Hamburg. Irgend einer von den Jungs da wird dieses preisverdächtige Programm schon kennen.“
„Du, das hatte ich sowieso vor,...w-e-e-iill ..i-c-hkk-k-f—s-o--..noch...kkk.-e-iii- b—o-ck-...... --------„
„Hallo? Haaallo...“ gähne ich ins Mobilteil, und schaue auf die Empfangsanzeige. Voller Ausschlag. Den krieg ich gleich auch, aber in meinen Kniekehlen. Sozusagen nen neurodermitischen Overkill.
Selbst in seiner Wohnung mitten in Köln hat Chris mit diesem Scheißteil keinen Empfang.
In solchen Momenten male ich mir aus, wie ich gemeinsam mit einem dieser „IchbinderpersonifizierteNewEconomyErfolg-Typen" auf irgend einer Party an der Sektbar stehe, und man sich nach einem coolen „Hi“ und wenigen Floskeln darüber austauscht, was man denn so macht, beruflich. „Ich bin Musiker,“ würde es mir leicht über die Lippen gehen, „und du?“
„Ich bin Entwickler für diese kleinen Verstärkerteile, die in den Handys......“ – Spätestens jetzt hätte er meine Faust in seinem Gesicht. Dabei kann der ärmste doch eigentlich gar nichts dafür. Meine eigene Schuld, wenn ich mich auf so etwas wie vermeintliche Dauererreichbarkeit einlasse, oder ?! Irgendwann, wenn ich angekommen bin, werde ich mein beschissenes Handy ins Meer pfeffern. Dann gibts unter dieser Nummer einfach keinen Anschluss mehr.

Montag, September 05, 2005

Einsichten


Zurückblickend zeigt sich alles glasklar. Das Puzzle des erneut verlorenen und immer wiederkehrenden Spiels setzt sich in langen Nächten und pausenlos sich selbst beantwortenden Fragen fast mühelos zusammen – doch ständig begleitet von der vermeintlichen Einsicht, an Dummheit und Unzulänglichkeit nahezu unschlagbar zu sein, nicht wahr ...?!
Das Wissen darum ändert aber leider nichts an dem Verbleib der Enttäuschung; Enttäuschung über die Missgeschicke und das scheinbare Unverständnis des anderen, die aber unaufhaltbar, früher oder später, in der Enttäuschung über das eigene Selbst ihr Ziel findet.
Oftmals wird all das begleitet von Neid – Neid auf diejenigen, die scheinbar unaufhörlich aus der Quelle des Glücks trinken und in Sorglosigkeit baden. Wir wissen selbstverständlich, dass auch dieser Gedanke nichts reales hat – und dennoch sprechen wir uns nicht wirklich davon los. Es bleibt der immer währende Wunsch nach Glück – und dabei liegt es immerzu in unseren eigenen Händen, niemals in den Händen des anderen!

„Mit Unliebem vereint sein, ist Leiden.
Von Liebem getrennt zu sein, ist Leiden.
Nicht erlangen, was man begehrt, ist Leiden.“
Auch wenn es sich anhört, als könne man nur wunschlos glücklich sein, so gibt es da eben diesen einen Unterschied: den zwischen Wünschen und Begehren. Gier ist etwas völlig anderes als ein Wunsch.
Wer gierig ist glaubt, etwas haben zu müssen – wer sich hingegen etwas wünscht, der möchte gerne etwas haben, ohne es erlangen zu müssen. Wer wünscht, der ist sich bewusst, dass es auch anders geht. (Buddah)