Dienstag, November 29, 2005

Fleminggatan


Ich laufe die Fleminggatan hinunter, zieh mir den Kragen der Jacke noch mal nach und rauche ne Half-zware. Die Strassen in Stockholm sind hell erleuchtet, in den Cafés herrscht reger Verkehr, und ich hänge meinen Gedanken nach. Wie schön es doch war, Richard nach all den vielen Jahren wieder zu sehen. Die Zeit war ohne Frage zu knapp, und wir hätten uns sicher noch so einige Latté Macchiatos lang Anekdoten der vergangenen achtzehn Jahre zu erzählen gehabt.
Ich vertage den Gedanken auf ein nächstes Mal, lege im selben Augenblick meinen erneuten Besuch in Stockholm als gebucht in die Ablage und lächle.

Einige Stunden später sitze ich im Fasching-Jazzclub und warte auf Michael´s Gig, während ich mir den Lachs schmecken lasse. Mein Body schreit nach Nahrung, und mit jedem Bissen kehrt ein Stück Leben in mein übernächtigtes Dasein zurück. Patrick, Vanessa und der Herr Striegl lassen sich ein paar Biere bringen, während ich mit Wasser vorlieb nehme, erstmal.
Michael & Band spielen erwartungsgemäss hervorragend, wenngleich ich den ein oder anderen Kommentar des Herrn Songwriter nicht so wirklich cool finden kann. Anyway - ich sitze in einem Stockholmer Club und Michael spielt "Tribute to you"...!
Der Hauswein schmeckt eher nach "House-Party-Wine", und ich nehme Abstand von dem Gedanken an ein zweites Glas. Dafür entschädigt jedoch noch immer das Menu. Nicht zuletzt trägt auch das allgemeine Rauchverbot in schwedischen Bars und Cafés dazu bei, sich wohl zu fühlen. Die Nacht kann kommen !

Frühstück im Radisson, excellent. Ausgecheckt und raus ins Schneetreiben, das über Nacht die Stadt in weiss gekleidet hat. Keine Frage, Wollmützen sind hier oben ein absolutes "must have".
Wenig später sitzen wir in einem kleinen Cafe´ in der Kungsgatan, und ich starre durchs Fenster, zähle die Flocken und möchte einfach nur bleiben...
Kein klarer Gedanke macht sich breit, und ich weiss, dass ich diese Leere, die angefüllt ist mit Impressionen der vergangenen vierundzwanzig Stunden, mit zurück nehmen werde, ohne wenn und aber.
Bis auf ein paar unbedeutende Einwürfe meinerseits ist von mir nicht viel zu hören.
Lange her, dass mein Mundwerk so wenig von sich gegeben hat binnen vieler Stunden, und ich mit weniger als fünf Kippen am Tag komfortabel war.
Umso bezeichnender, dass ich dafür erst nach Schweden fliegen muss. Also muss ich wieder hin - a.s.a.p.

Samstag, November 19, 2005

Wie man sich bettet, so liegt man

Es war ne kurze Nacht. Nicht, dass es die erste gewesen wäre, nach der sich mein Körper am nächsten Morgen meldet und fragt, ob ich noch ganz bei Trost bin. In jüngeren Jahren ging dieser morgendlichen Mattheit immer ein weinhaltiger Abend voraus, heute jedoch krieg ich das frei Haus, ohne einen Tropfen des teuren Gesöffs.
Woran das wohl liegt?
Trixi bekocht derweil ihre Zwerge, wie sie mir vorhin schrieb, und ich falle langsamen Schrittes aus der Dusche im Gästehaus, krame in der Reistasche nach frischer Baumwollware und spür das Dauerabo in den Lendenwirbeln. Wie prickelnd ...
Es wird kalt, Temperatursturz binnen zwei Tagen, und so sehr ich mich auf Schweden freue, es ändert nichts daran, dass ich meine Garderobe noch einmal einer Wintertauglichkeitsprüfung unterziehen sollte.
Die Nummer mit dem Operator der ominösen Fluggesellschaft ist zwischenzeitlich durch die Buchhaltung spaziert: vierzig Euro (in Ziffern: 40!) hats laut Herrn Striegl gekostet. Das macht Laune. Dafür telefonieren andere zwei Monate lang - wir hingegen schafften das in schlappen zwanzig Minuten.

Mein gestriger Spontanbesuch bei meinen Lieben in Oberwinter endete am Krankenbett der chirurgischen Abteilung. Dort liegt Albert seit nunmehr drei Wochen. Als ich zuvor in Siggis Haustür stand, sagte ich unmittelbar nach dem HALLO, dass ich seit zwei Wochen daran denke, vorbei zu schauen, aber es irgendwie nie geschafft hätte. Sie schaut mich fassunglos an und erzählt mir dann die ganze Story, und dass sie am morgen noch meine Nummer gewählt habe. Ja, es gibt eben Geschehnisse, die bedürfen keines konventionellen Informationsflusses. Man spürt einfach, dass da was nicht stimmt - egal wie weit man weg ist.

Eigentlich müsste ich mich längst um meine Hamburgreise gekümmert haben, aber da die zurückliegenden Monate durchweg mit "Geduld und Gelassenheit" überschrieben waren, lächle ich und verschiebe die notwendigen Telefonate auf morgen. Dann wird sich auch meine Wirbelsäule ein wenig erholt haben, und ich muss das Telefonat nicht alle fünf Minuten mit einem "mmh" und "ahhh" unterbrechen.